Föderalismus in Europa: Wie können Regionen die Zukunft mitgestalten?

Im Rahmen der Diskussionsreihe „Das Burgenland im Aufbruch“ diskutierten Expert:innen am 06. März 2025 im Kalandahaus bei Trausdorf an der Wulka über die Rolle der Regionen in der Zukunft Österreichs und Europas. Veranstalter war die Initiative für Demokratie (IFD).

Als Experten wurden eingeladen:

Kathrin Stainer-Hämmerle I Politikwissenschaftlerin, Fachhochschule Kärnten

Stefan August Lütgenau I Foster Europe Foundation

Elisabeth Alber I Eurac Research Institut für Vergleichende Föderalismusforschung

Stefan Ottrubay I Vorstandsvorsitzender Esterhazy Stiftungen

Andreas Kiefer I ehem. Generalsekretär des Kongresses der Gemeinden & Regionen des Europarates

Moderator war: Tarek Leitner

Die vollständige Diskussion ist im eingebetteten Video verfügbar.

Dezentrale Strukturen als Chance für Europa?

Moderator Tarek Leitner eröffnete die Diskussion mit der Frage, wie Regionen soziale und wirtschaftliche Entwicklungen in der EU stärken können. Stefan Lütgenau betonte, dass die Foster Europe Foundation durch eine verstärkte Einbindung der Zivilgesellschaft eine horizontale Machtverteilung fördern möchte. Regionen könnten dabei eine Schlüsselrolle spielen – besonders im grenzüberschreitenden Austausch.

Ein Beispiel dafür sei das Burgenland, das stark von der EU-Osterweiterung profitiert habe. Lütgenau argumentierte, dass Regionen im Donauraum von diesen Erfahrungen lernen könnten, um eigene demokratiepolitische und wirtschaftliche Entwicklungen zu stärken.

Subsidiarität – ein oft missverstandenes Konzept

Kathrin Stainer-Hämmerle wies darauf hin, dass der Begriff Subsidiarität häufig missdeutet werde. Während Nationalstaaten oft Kompetenzen von der EU zurückfordern, gebe es selten Bestrebungen, Befugnisse an Regionen oder Gemeinden abzugeben. Dies zeige sich auch in Österreich – zentrale Entscheidungen wie das verpflichtende zweite Kindergartenjahr seien nicht überall sinnvoll.

Stainer-Hämmerle unterstrich, dass maßgeschneiderte Lösungen vor Ort entscheidend seien. Besonders in grenzüberschreitenden Regionen wie dem Alpe-Adria-Raum könne Föderalismus integrativ wirken und den sozialen Zusammenhalt stärken.

Internationale Netzwerke als Erfolgsfaktor

Andreas Kiefer hob die Bedeutung europäischer Netzwerke hervor. Er verwies darauf, dass der Vertrag von Lissabon die regionale und kommunale Selbstverwaltung schützt. Diese Regelung ermögliche es, dass Regionen direkt mit Brüssel kooperieren und Fördermittel beantragen können.

Stefan Ottrubay bestätigte, dass internationale Netzwerke für die Entwicklung des Burgenlands essenziell seien. Er betonte jedoch, dass in zentralistisch organisierten Staaten wie Ungarn regionale Initiativen oft auf finanzielle und gesetzliche Grenzen stoßen.

Akzeptanz für Föderalismus stärken

Elisabeth Alber von Eurac Research verwies auf Umfragen, die zeigen, dass viele Menschen den Begriff Föderalismus nicht einordnen können. Sichtbare Erfolge im Alltag – wie grenzüberschreitende Kooperationen bei Wettervorhersagen – könnten jedoch die Akzeptanz stärken.

In der abschließenden Diskussion war man sich einig:

Ein starkes Europa ist ohne eine Aufwertung der Regionen kaum denkbar.

Besonders in Bereichen wie Bildung, Krisenmanagement und demokratiepolitischer Zusammenarbeit seien dezentrale Strukturen ein wichtiger Erfolgsfaktor.

Tarek Leitner, Stefan August Lütgenau (Foster Europe Foundation), Kathrin Stainer-Hämmerle (Fachhochschule Kärnten), Stefan Ottrubay (Esterhazy Stiftungen), Elisabeth Alber (EURAC), Andreas Kiefer

Die Berichte des ORF zu der Veranstaltung finden Sie hier:

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Foresight, Participatory Governance, and Democratic Engagement in Focus